Englischförderung im kibiz

 

Kinder mit einer Lese/Rechtschreibschwäche (LRS) in der Muttersprache haben meist Schwierigkeiten beim Erwerb einer Fremdsprache. Die Schwächen, die ihnen das Lesen und Schreiben der deutschen Sprache erschweren, wirken sich häufig auch beim Erlernen anderer Sprachen aus.

Aus diesen Schwierigkeiten entwickelt sich oft ein besonderes Risiko für den schulischen Werdegang: zu der Belastung im Fach Deutsch kommt in der 5. Klasse Englisch und oftmals bereits in der 6. Klasse die zweite Fremdsprache. Damit ist in drei versetzungsrelevanten Hauptfächern die Bewältigung schriftsprachlicher Anforderungen erforderlich.

Die besondere Herausforderung für Schüler und Schülerinnen mit einer LRS in Englisch liegen vor allem in der geringen Lauttreue der englischen Sprache. So repräsentieren 26 Buchstaben 44 verschiedene Laute, wobei insbesondere die Vokale Schwierigkeiten bereiten. Sowohl im Lesen wie auch im Schreiben kommt es dabei zu erheblichen Schwierigkeiten:

·         Beim Schreiben wird beispielsweise der /i/ bzw. /i:/-Laut auf unterschiedliche Weise umgesetzt wie in dream, queen, key, piece, be, very, complete, police, people, busy, build, women, carriage, scene.

·         Beim Lesen wirkt sich diese Inkonsistenz der Phonem-Graphem-Korrespondenz in einer Vielfalt möglicher Sprechweisen aus wie beispielsweise beim /a/
Ich schreibe a                  und spreche
man                                     ä
can’t                                    a
gate                                     äi
fall                                        o
village                                 i

Kinder mit einer LRS haben oft besondere Schwierigkeiten in der Lautverarbeitung, die sich nicht allein durch Nachhilfe beheben lassen. In der phonologischen Bewusstheit können sie neue klangähnliche Laute in der Fremdsprache trotz intakten Gehörs nicht gut unterscheiden und beim Lesen schlechter zuordnen wie z.B. bei when – then. Oft haben sie Schwierigkeiten, die Laute richtig nachzusprechen, weil sie diese mundmotorisch nur nach intensivem Üben bilden können. Die vom Deutschen abweichende Sprachmelodie und den fremden Sprachrhythmus können sie nur schwer erfassen und nachsprechen. Ihre mündliche Beteiligung am Unterricht ist deshalb meist gering. Durch Defizite in der phonologischen Schleife im Arbeitsgedächtnis können sie sich Lautverbindungen, Vokabeln und Satzmuster schlechter merken. Damit wird der Aufbau eines altersgerechten Wortschatzes stark eingeschränkt. Da ihnen semantisches Wissen in der neuen Sprache noch nicht zur Verfügung steht, wird gerade zu Beginn das Arbeitsgedächtnis stark belastet. Auch das Hörverstehen ist oft reduziert, so dass Worterklärungen auf Englisch als wenig hilfreich empfunden werden. Vor allem Kindern mit Leseschwierigkeiten durch eine geringe Benennungsgeschwindigkeit fällt es schwer, größere Einheiten zu verarbeiten und Ressourcen für die übergeordnete Speicherung orthografischer Muster zur Verfügung zu stellen. So kommt es im Laufe der Zeit zu Mängeln im Aufbau des orthografischen Lexikons, die im fortgeschrittenen Fremdspracherwerb kaum noch kompensiert werden können.

Diese besonderen Schwierigkeiten von LRS-Kindern führen oft nach kurzer Zeit zu einer erheblichen Frustration beim Englischlernen. Die Masse an Vokabeln in der 5. Klasse führt zu stundenlangem Lernen mit Karteikästen, Listen und Abfrageroutinen ohne großen Erfolg. Da der Rechtschreiberwerb bei LRS-Kindern oft nicht intuitiv erfolgt, benötigen sie meist eine systematischere und ihrem Lerntempo angepasste Vorgehensweise, die abweicht von der klassischen Geschwindigkeit im Schulunterricht. Daher ist es wichtig, bereits frühzeitig mit einer Förderung zu beginnen, die den besonderen Lernbedingungen von Schülern und Schülerinnen mit einer LRS gerecht wird. Anhand wissenschaftlich überprüfter Verfahren und auf der Basis evidenzbasierter Methoden lernen die Kinder parallel zum Schulunterricht:

  • Vokabeln kompensatorisch angepasst an ihre Lernbedingungen zu lernen. Dabei erfolgt eine Konzentration auf die 300 häufigsten Wörter der englischen Sprache. Allein die ersten 100 Wörter machen dabei ca. 50% aller Texte aus.
  • systematisch die wichtigsten Graphem-Phonem-Korrespondenzen zuzuordnen und zu schreiben anhand einer für LRS-Schüler und Schülerinnen angepassten Pilotsprache auf der Basis spezifischer Artikulationsübungen.
  • die grundlegende Grammatik handlungsorientiert anzuwenden. Dabei wird Schritt für Schritt vom Einfachen zum Schweren im individuellen Lerntempo vorgegangen.

Gerade in den letzten Jahren wurden vielfältige Fortschritte in der Förderung von Kindern mit LRS in der Fremdsprache im Fach Englisch gemacht. Spezielle Methoden und eine an ihre Lernbedingungen angepasste Förderung ermöglichen ihnen damit ein erleichtertes Fremdsprachenlernen von Beginn an.